
„Das war eine echte Schnapsidee, sie entstand nachts um halb eins, skizziert auf einer Serviette, weil alles so passend war.“
Zwei Menschen,
eine Vision – völlig übertrieben, völlig unmöglich.
Heute ist sie Realität.
Warum?
Weil die Vorstellungskraft in dem Moment stark war.
Nicht die Zahlen.
Warum Imagination vieles erst möglich macht
In der heutigen schnelllebigen Welt sind klare Ziele unerlässlich. Doch während Ziele oft rational und messbar sind, entfaltet eine Vision eine ganz andere, tiefere Kraft. Sie spricht unsere Emotionen an, verbindet uns mit einem größeren Sinn – und wird durch Imagination lebendig.
Vision vs. Ziel: Der wesentliche Unterschied
Ziele sind
konkrete, messbare Etappen – etwa „bis Ende 2025 wollen wir 30 % unserer
Produktentwicklung in cross-funktionalen Teams durchführen“
.
Eine Vision hingegen formuliert ein übergeordnetes Zukunftsbild: „Wir werden
ein Unternehmen, in dem mutige Ideen wachsen wie selbstverständlich – über
Abteilungsgrenzen hinweg.“
Beide sind essenziell – aber auf unterschiedlichen Ebenen.
Ein Ziel gibt Richtung und Fokus im Hier und Jetzt. Eine Vision gibt Sinn und Energie für den langen Weg.
🔍 Ein Beispiel:
Ein Unternehmen beschließt, seine Innovationskraft zu stärken.
- Ziel: Einführung eines internen Ideenwettbewerbs, Aufbau eines Innovationslabors, KPI zur Anzahl umgesetzter Ideen.
- Vision: Eine lebendige Innovationskultur, in der jede:r Mitarbeitende den Mut hat, Bestehendes zu hinterfragen – und die Organisation darauf ausgerichtet ist, diese Ideen willkommen zu heißen, zu testen und weiterzuentwickeln.
Ohne Ziele
bleibt die Vision ein Traum.
Ohne Vision bleiben die Ziele mechanisch und motivationslos und können oft nur
mit viel Anstrengung durch die Führung überhaupt erreicht werden. Deshalb
gehört beides in eine Unternehmensstrategie.
Gerade in der Transformation zu einer innovationsfähigen Organisation ist das Zusammenspiel entscheidend. Um aber eine Vision wirklich zum Leitstern zu machen, braucht es eine besondere Kompetenz: Imaginationsfähigkeit.
Die Rolle der Imagination
Imagination ist mehr als Träumerei. Sie ist eine zentrale kognitive Fähigkeit, um sich mögliche Zukünfte vorzustellen, neue Zusammenhänge zu denken und bestehende Muster zu durchbrechen. In der Psychologie spricht man von "episodic future thinking" – der Fähigkeit, mentale Simulationen künftiger Szenarien zu erzeugen. Diese Fähigkeit aktiviert ähnliche Gehirnregionen wie das Erinnern – was bedeutet: Zukunft entsteht im Kopf wie Erinnerung, nur eben nach vorne gerichtet (z. B. Daniel Schacter, Donna Addis & Randy L. Buckner, 2007). Die Neurowissenschaftler:innen Mary Helen Immordino-Yang und Antonio Damasio zeigen, dass ohne emotionale Resonanz und bildhafte Vorstellungskraft der Antrieb für Veränderung fehlt.
Im
organisationalen Kontext bedeutet das:
Nur wer sich eine andere Zukunft vorstellen kann, kann sie auch gestalten
.
Wie lässt sich Imagination fördern – und gleichzeitig trainieren?
Es gibt zahlreiche Methoden, die genau das tun – Kreativitätstechniken, die nicht nur auf Ideenfindung zielen, sondern gezielt die Fähigkeit zur Vorstellungskraft stärken:
💡 1. Design Futuring & Future Prototyping
Teams entwickeln Szenarien möglicher Zukünfte und fiktive Produkte,
Dienstleistungen oder Alltagsszenarien aus einer möglichen Zukunft – etwa aus
dem Jahr 2040. Das erzeugt Denkraum jenseits aktueller Restriktionen – und
schult, wie wir mögliche Welten konkret visualisieren.
💡 2. Reverse Brainstorming auf Zukunftsbilder
Statt zu fragen „Wie kommen wir dorthin?“
, wird gefragt: „Stellt euch
vor, wir leben diese Vision bereits – was haben wir auf dem Weg verändert?“
Diese Umkehrung schärft die Vorstellungskraft für Entwicklungspfade und
begünstigt kreatives Denken rückwärts.
💡 3. Visuelle Metaphernarbeit (z. B.
Bildkarten, Kunstimpulse)
Der Einsatz künstlerischer Medien (Bilder, Skulpturen, Musik) als
Projektionsflächen stärkt die emotionale Tiefe und öffnet für mehrdeutige,
assoziative Denkprozesse.
💡 4. Szenariotechnik und „Zukunftswerkstätten“
Strukturierte Methoden wie die Szenarioanalyse oder Zukunftswerkstätten helfen
Teams, komplexe Zukunftsbilder zu entwerfen, zu durchspielen und gemeinsam zu
reflektieren – ideal zur kollektiven Visionsentwicklung.
💡 5. Storytelling-Übungen mit Imaginationsfokus
Statt PowerPoint-Visionen: Erzähle die Zukunft als Geschichte. „Stell dir vor,
es ist 2030. Du kommst ins Büro – was siehst du? Was ist anders? Was spürst
du?“
Solche narrativen Übungen fördern emotionale Verbindung und innere Klarheit.
Führungskräfte, die regelmäßig, das heißt strukturell angelegt, mit solchen Methoden arbeiten, stärken nicht nur ihre eigene Imaginationsfähigkeit, sondern prägen auch eine Kultur, in der es Raum für das „Noch-nicht-Reale“ gibt. Das ist essenziell, wenn Innovation nicht zufällig entstehen, sondern Teil des organisationalen Selbstverständnisses werden soll.
Imagination ist der Katalysator, der aus strategischen Absichtserklärungen eine lebendige, mitreißende Vision macht.
Eine starke Vision entsteht durch die Verbindung von Emotion und Imagination. Indem Führungskräfte und Teams diese Fähigkeit gezielt fördern, schaffen sie nicht nur ein motivierendes Zukunftsbild, sondern auch einen Kompass, der sie durch jede Veränderung navigiert. Organisationen, die regelmäßig mit imaginationsfördernden Methoden arbeiten, stärken nicht nur ihre Innovationskraft – sie trainieren die kollektive Fähigkeit zur Zukunftsgestaltung.

Veränderung ist allgegenwärtig – und doch scheint sie vielen Organisationen schwerer denn je zu fallen. Führungskräfte berichten, dass trotz hoher Notwendigkeit Innovation und Entwicklung auf der Strecke bleiben. Der Grund? Ihre Teams sind erschöpft, überlastet, es fehlt die Luft zum kreativen Denken oder mutigen Ausprobieren.
Was tun, wenn der Wille zur Veränderung da ist, aber die Energie fehlt? Die Antwort beginnt nicht mit einem weiteren agilen Projekt oder einem Innovationslab. Sie beginnt mit einem radikalen Weglassen . Das zeigen auch Robert I. Sutton und Huggy Rao in „The Friction Project: How Smart Leaders Make the Right Things Easier and the Wrong Things Harder“ (2024).
Überforderung als Innovationsbremse
In vielen Unternehmen herrscht eine stille Grundannahme: Mehr ist mehr. Neue agile Projekte, noch ein weekly, daily, monthly zusätzlich, …. Was eigentlich die dringend notwendige Innovation oder Veränderung bringen soll, führt dann zum Gegenteil – zu lähmender Überforderung.
Statt Neugier und Lernlust dominieren Erschöpfung und Reaktanz. Mitarbeitende halten sich ans Altbewährte, nicht aus Trägheit, sondern aus Selbstschutz. Wer täglich jongliert, hat keinen Arm mehr frei für Neues.
Die unsichtbare Grundlast sichtbar machen
Die Grundlast – also das tägliche, oft unsichtbare Arbeitspensum abseits strategischer Projekte – wird selten bewusst betrachtet. Dabei bindet sie immense Ressourcen. Führungskräfte erleben häufig selbst, wie ihr Kalender keine Lücke mehr lässt. Doch auch im Team türmen sich Aufgaben, Pflichten, Anfragen. Das Tagesgeschäft frisst jede Innovationsenergie.
Deshalb braucht es einen bewussten Perspektivwechsel: Erst wenn wir Raum schaffen, kann Neues entstehen.
Was tun? Eine gesunde Basis durch radikales Weglassen schaffen!
1. "Wofür habt ihr gerade Kapazität?"
Diese scheinbar einfache Frage verändert die Gesprächskultur. Statt permanenten Leistungsdruck zu erzeugen, lädt sie dazu ein, ehrlich auf den Energiezustand des Teams zu schauen. Führungskräfte können so erkennen: Wo ist Raum für Neues – und wo nicht?
2. Prioritäten mutig setzen – und klar kommunizieren, was nicht gemacht wird
Priorisieren bedeutet auch, bewusst Dinge nicht zu tun. Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von strategischer Klarheit. Weniger Ziele, klarer Fokus – das wirkt entlastend und schafft Identifikation.
3. Projektfreie Zeiten einplanen
Innovationen brauchen nicht nur Raum, sondern auch Rhythmus. Deshalb braucht es bewusste „Freiräume“ – Phasen, in denen keine neuen Projekte starten. Diese Inseln im Alltag schaffen mentale Erholung und fördern kreative Impulse.
4. "Mut zur Lücke" fördern
Nicht alles muss perfekt oder vollständig sein. Stattdessen lohnt sich die Frage: Was genügt heute , um einen Schritt weiterzukommen? Eine Kultur, die nicht Vollständigkeit, sondern Wirkung belohnt, motiviert zum Handeln.
Innovation beginnt beim Entrümpeln
Wer Veränderung will, muss nicht immer mehr machen – sondern oft weniger. Eine gesunde Organisation ist nicht die mit den meisten Ideen, sondern die mit der klarsten Priorisierung, der größten inneren Ruhe – und „Spielräumen“ für Experiment und neuen Ideen. Beim Entrümpeln finden sich dann manchmal auch Dinge, die man schon fast vergessen hatte…

In Krisenzeiten steht alles auf dem Prüfstand – Strategien, Strukturen, Prioritäten. Veränderung muss schnell gehen, Innovation ist überlebenswichtig. Doch dabei bleibt oft das auf der Strecke, was am wichtigsten ist: der Mensch. Emotionen, Ängste, Unsicherheiten – nicht nur bei Mitarbeitenden, sondern auch im Führungsteam – finden kaum Raum. Und genau hier kommt ein zentrales Konzept ins Spiel: psychologische Sicherheit .
Was ist psychologische Sicherheit?
Psychologische Sicherheit bedeutet, dass Menschen in einem Team das Gefühl haben, sich ohne Angst vor negativen Konsequenzen äußern zu können. Sie trauen sich, Fehler zuzugeben, Fragen zu stellen, Ideen einzubringen – selbst dann, wenn sie ungewöhnlich oder riskant erscheinen. In einem Umfeld psychologischer Sicherheit geht es nicht um Harmonie, sondern um offene, ehrliche Kommunikation und Vertrauen (für mehr: Amy C. Edmondson: The Fearless Organization, 2018).
Warum ist psychologische Sicherheit gerade in Krisenzeiten entscheidend?
Krisen erhöhen den Druck. Entscheidungen müssen schnell getroffen, Prozesse radikal hinterfragt, neue Wege beschritten werden. Das bedeutet: Innovation braucht Mut – aber Mut entsteht nur, wenn das Klima erlaubt, auch zu scheitern. Veränderung erzeugt Unsicherheit – wer sich nicht sicher fühlt, wird blockiert statt kreativ. Und Lernen erfordert Offenheit – insbesondere dann, wenn sich Rahmenbedingungen ständig ändern. Psychologische Sicherheit wirkt hier wie ein Katalysator. Sie ermöglicht es Menschen, in Veränderung nicht nur zu reagieren, sondern aktiv zu gestalten.
Wie können Führungskräfte psychologische Sicherheit in unsicheren Zeiten fördern?
Der erste Schritt beginnt bei der Führung selbst. Wer psychologische Sicherheit fördern will, muss sich seiner eigenen Wirkung (und Macht) bewusst sein. Führungskräfte, die transparent mit ihren Gedanken und Zweifeln umgehen, laden andere ein, ebenfalls offen zu sprechen. Das Eingeständnis eigener Fehler wird so zum Signal: „Hier darf man lernen.“ Genauso wichtig ist die eigene emotionale Stabilität. In der Komplexität und Geschwindigkeit von Krisensituationen hilft nur eines: regelmäßige Selbstreflexion und achtsame Selbstfürsorge. Nur wer für sich sorgt, kann für andere da sein. Und Führung ist vor allem Enabling.
Doch psychologische Sicherheit ist keine Einzelleistung. Im Führungsteam selbst entsteht sie durch Vertrauen und gegenseitige Rückendeckung. Nur wenn Führungskräfte untereinander offen sprechen können – auch über Unsicherheiten, Spannungen oder Konflikte – wird das Team zu einem echten Sicherheitsanker für die Organisation. Eine gelebte Feedbackkultur, in der Rückmeldungen ehrlich und konstruktiv sind, unterstützt dieses Vertrauen. Sie schafft einen Raum, in dem kollektives Lernen möglich wird – nicht nur in der Theorie, sondern im täglichen Tun.
Auf dieser Basis können Führungskräfte dann auch psychologische Sicherheit im Team der Mitarbeitenden aktiv stärken. Zuhören ist dabei eines der mächtigsten Werkzeuge. Wer ernsthaft fragt, was Menschen bewegt – emotional wie fachlich – signalisiert Wertschätzung und Interesse. Es geht darum, Menschen mit ihren Sorgen, Ideen und Bedürfnissen wahr- und vor allem ernstzunehmen. Mut zur Veränderung entsteht nicht durch Druck, sondern durch Unterstützung und Sicherheit. Führung bedeutet hier, Räume zu schaffen, in denen Experimente erlaubt sind, Irrtümer keine Schwäche darstellen und Lernen selbstverständlich dazugehört.
Schließlich sollten auch die Strukturen und Prozesse einer Organisation psychologische Sicherheit ermöglichen – und nicht behindern. Fehlerfreundliche Systeme wie After-Action-Reviews oder Lernlogs helfen Teams dabei, Erfahrungen auszuwerten, ohne Schuldzuweisungen. Kollaboration statt Konkurrenz sollte gefördert werden – durch Anreizsysteme, die gemeinsames Lernen und Zusammenarbeit belohnen. Ebenso zentral sind schnelle Feedbackschleifen: In Zeiten schneller Veränderung ist es essenziell, dass Rückmeldungen nicht versanden, sondern unmittelbar aufgenommen und integriert werden.
So paradox es klingt: Sicherheit ist die Basis für Veränderung
Gerade in turbulenten Zeiten ist psychologische Sicherheit ein zentraler Hebel für Innovation, Zusammenarbeit und nachhaltige Veränderung. Führungskräfte, die sie bewusst gestalten, schaffen nicht nur leistungsfähigere Teams – sie bauen Organisationen, die auch in Krisenzeiten lernen, wachsen und Zukunft gestalten können.