Bilder unserer Zukunft

Wie Imagination Innovation und Wandel ermöglicht
Innovation beginnt nicht mit einer Entscheidung – sie beginnt mit einer Vorstellung. Einer Idee, einem inneren Bild davon, wie etwas anders, besser, zukunftsfähiger sein könnte. Bevor Menschen handeln, müssen sie sich etwas vorstellen können. Diese Fähigkeit zur Imagination ist kein „weicher“ Faktor im Innovationsprozess, sondern eine zentraler Treiber. In unserer Arbeit mit Führungskräften nutzen wir die Imagination bewusst, um Innovation und Change voranzubringen.
Warum Bilder mehr bewirken als Worte
Bilder – ob reale Beispiele oder innere Visionen – aktivieren das Gehirn auf eine tiefgreifende Weise. Sie sprechen nicht nur das rationale Denken, sondern auch emotionale, intuitive und körpernahe Ebenen an. Sie helfen, Komplexität zu reduzieren, machen das Unbekannte vorstellbar und motivieren zum Handeln. In Veränderungsprozessen fungieren sie als innerer Kompass und verbinden Einzelne wie Teams mit einer gemeinsamen Richtung.
Die theoretischen Grundlagen der Imagination im Innovationsprozess
Dass innere und äußere Bilder eine zentrale Rolle in Innovationsprozessen spielen, ist wissenschaftlich gut fundiert. Verschiedene Forschungsrichtungen – von der Kognitionspsychologie über die Neurowissenschaften bis hin zur Management- und Innovationsforschung – liefern Erklärungen dafür, warum Imagination so wirksam ist.
Lawrence Barsalou zeigte bereits Ende der 1990er-Jahre, dass unser Gehirn bei der Vorstellung zukünftiger Situationen oder Handlungen dieselben neuronalen Netzwerke aktiviert wie bei deren tatsächlicher Ausführung. Dieses Phänomen, bekannt als mentale Simulation , macht deutlich: Wenn wir uns etwas vorstellen, proben wir es gewissermaßen in unserem Kopf. Auf diese Weise wird Imagination zu einem kognitiven Trainingsraum für neues Denken und zukünftiges Handeln.
Ergänzt wird diese Perspektive durch Studien zur sogenannten episodischen Zukunftsimagination (engl. episodic future thinking ). Dabei geht es um die bewusste Vorstellung konkreter Zukunftsszenarien. Menschen die diese Fähigkeit gezielt einsetzen, zeigen eine größere Bereitschaft, kreative Entscheidungen zu treffen, Risiken einzugehen und langfristige Strategien zu entwickeln. Indem sie sich mögliche Zukünfte bildhaft ausmalen, erweitern sie ihren Denkraum und eröffnen neue Handlungsoptionen.
Auch in der Organisationsforschung findet sich eine starke theoretische Verankerung der Imagination – insbesondere in der Sensemaking-Theorie von Karl Weick. Veränderungsprozesse, so Weick, sind nur dann erfolgreich, wenn Menschen in der Lage sind, Sinn in einer unübersichtlichen Situation zu konstruieren. Zukünftige Zustände müssen nicht nur rational verstanden, sondern auch erzählt und verbildlicht werden. Bilder spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie helfen, Orientierung zu schaffen, Unsicherheit zu reduzieren und kollektive Anschlussfähigkeit herzustellen.
Schließlich zeigt sich die Bedeutung von Bildern auch in der Praxis aktueller Innovationsmethoden – etwa im Design Thinking . Hier wird visuelles Denken ganz bewusst eingesetzt, um komplexe Probleme greifbar zu machen, Ideen sichtbar zu machen und Kommunikation innerhalb von Teams zu erleichtern. Visualisierungen, Prototypen und Storyboards machen nicht nur abstrakte Konzepte konkret, sondern fördern auch emotionale Identifikation und ein gemeinsames Verständnis.
All diese theoretischen Ansätze weisen auf dasselbe Prinzip hin: Imagination ist mehr als eine kreative Fähigkeit – sie ist ein strategisches Werkzeug. Wer sie gezielt nutzt, schafft die Grundlage für echte, nachhaltige Innovation. Führungskräfte, die sich eine Zukunft bildlich vorstellen können und gleichzeitig erleben durften, dass Veränderung möglich ist, führen Changeprozesse mit mehr Klarheit, Empathie und Energie.
Die Rolle von Bildern im Changeprozess
Auch jenseits der Phase der Ideenentwicklung wirken Bilder weiter. In Veränderungsprozessen übernehmen sie eine orientierende, stabilisierende und verbindende Funktion:
- Sie bieten einen emotionalen Anker, wenn Unsicherheit wächst.
- Sie motivieren, wenn der Weg zur Umsetzung herausfordernd wird.
- Sie verbinden, wenn neue Narrative und gemeinsame Ziele gebraucht werden.
Ein starkes inneres Bild der Zukunft kann zur „inneren Landkarte“ werden, die Einzelnen und Teams hilft, auch durch schwieriges Terrain zu navigieren. Visuelle Orientierung schafft emotionale Klarheit – und genau diese ist entscheidend, wenn Wandel gelingen soll.
Imagination als Innovationskraft
Imagination ist in diesem Sinne der Ursprung von Innovation. Wer sich eine andere Zukunft bildhaft vorstellen kann, ist besser in der Lage, Neues zu denken, mutige Entscheidungen zu treffen und andere für Veränderung zu gewinnen. Ob in der Entwicklung von Innovationen oder in der Umsetzung von Changeprozessen: Bilder entscheiden mit darüber, ob Transformation gelingt.





