Wenn der Wandel persönlich wird
Wie Führungsteams sich aus einer Change-Sackgasse befreien

Ein
Klassiker aus der Beratungspraxis:
Ein Führungskräfteteam ist mitten in einem ambitionierten Changeprozess. Der
Rahmen ist gesetzt, die Ziele sind klar, die Strategie steht. Und doch: In
jeder Besprechung, in jedem Jour Fixe zum Thema Veränderung entsteht ein
ähnliches Bild. Anstatt gemeinsam konstruktiv am Prozess zu arbeiten, verlaufen
sich die Diskussionen. Persönliche Befindlichkeiten dominieren, alte Konflikte
flackern auf, Zuständigkeiten werden in Frage gestellt. Der Change kommt ins
Stocken – nicht weil die Strategie falsch wäre, sondern weil das Team sich
selbst im Weg steht.
Was
ist passiert?
Changeprozesse fordern nicht nur Strukturen heraus, sondern vor allem Menschen
– mit all ihren Mustern, Ängsten, Erwartungen und ihrem Bedürfnis nach
Sicherheit und Einfluss. Gerade in Führungsteams, in denen jede Rolle mit
Verantwortung und Sichtbarkeit verbunden ist, wird Veränderung schnell zur
persönlichen Angelegenheit. Wenn jedoch persönliche Themen in den Vordergrund
rücken und der Blick auf das gemeinsame Ziel verloren geht, rutschen Teams
leicht in eine Negativspirale aus Misstrauen, Rechthaberei und gegenseitiger
Blockade.
Wie
gelingt der Ausstieg – auch ohne Berater:in im Raum?
Es gibt wirksame Strategien, mit denen Führungsteams selbst zu ihrem Kurs zurückfinden. Hier sind fünf konkrete Hebel:
1. Den Modus wechseln – bewusst zwischen Inhalt und Beziehung unterscheiden
Ein hilfreicher erster Schritt ist die Unterscheidung zwischen Sachebene und Beziehungsebene. Ist die aktuelle Diskussion wirklich prozessrelevant – oder geht es um persönliche Positionierung? Diese bewusste Reflexion, idealerweise durch eine einfache Frage wie „Sind wir noch am Thema?“ oder „Was wollen wir gerade klären?“, hilft, Gespräche wieder auf Kurs zu bringen.
Tipp: In Meetings gezielt Zeitfenster einbauen für die Frage: „Was läuft gerade auf der Beziehungsebene?“ – kurz, strukturiert, ohne Schuldzuweisungen.
2. Rollen bewusst machen – wer spricht aus welcher Perspektive?
In Changeprozessen sind Führungskräfte oft in einer Doppelrolle: Sie sind Gestaltende und gleichzeitig Betroffene. Diese Rollenverwirrung führt häufig zu Reibung. Eine offene Klärung, wer gerade aus welcher Rolle spricht – z.B. als Entscheider:in, als Teammitglied, als Fachexpert:in – kann emotionale Schärfe aus Debatten nehmen.
Tipp: In Diskussionen einführen: „Ich spreche jetzt mal aus der Rolle als…“ – das schafft Klarheit und fördert Verständnis.
3. Das gemeinsame Ziel wieder ins Zentrum stellen
Wenn es knirscht, hilft ein Rückbesinnen auf das „Wofür“. Was ist das übergeordnete Ziel unseres Changeprozesses? Wozu machen wir das alles? Ein gemeinsames, regelmäßig erneuertes Bild vom Ziel stärkt die Kooperation und motiviert, Differenzen einzuordnen.
Tipp: Jedes Change-Meeting beginnt mit einem kurzen Check-in zur Leitfrage: „Woran arbeiten wir heute im Sinne unseres Changeziels?“
4. Emotionale Sicherheit fördern – Feedbackräume schaffen
Persönliche Themen verschwinden nicht, nur weil man sie ignoriert. Was fehlt, ist oft ein Raum, in dem Unsicherheiten, Spannungen oder offene Punkte adressiert werden können – außerhalb der fachlichen Meetings. Ein kurzer, ritualisierter Feedbackraum im Team schafft Entlastung und fördert Vertrauen.
Tipp: Einführung eines 15-minütigen „Team-Checks“ alle zwei Wochen: Was lief gut? Wo hakt es? Was brauchen wir voneinander?
5. Selbstverantwortung stärken – raus aus der Opferrolle
Changeprozesse bringen Ambivalenz mit sich. Schnell entsteht das Gefühl, fremdgesteuert oder „betroffen“ zu sein. Doch Führung heißt: aktiv Einfluss nehmen – auch auf das Teamklima. Wer Verantwortung für seine eigene Wirkung übernimmt, statt Schuld bei anderen zu suchen, eröffnet neue Handlungsspielräume.
Tipp: Reflexionsfrage ins Team geben: „Was kann ich persönlich beitragen, damit wir im Changeprozess gut vorankommen?“
Veränderung ist kein Selbstläufer. Besonders dann nicht, wenn die Dynamik im
Führungsteam ins Persönliche kippt. Doch genau darin liegt auch eine Chance:
Teams, die lernen, sich selbst durch solche Phasen zu navigieren, gewinnen
nicht nur an Reife, sondern auch an Wirksamkeit. Und: Sie setzen damit ein
starkes Zeichen für die ganze Organisation.





